Der Fachkräftemangel in den Pflegeberufen stellt uns vor große Probleme. In Bad Aibling konnte ich direkt mit Pflegekräften austauschen.
Im Pflegestützpunkt der Fachklinik Ghersburg für geriatrische Rehabilitation in Bad Aibling traf ich mich zu einem Gespräch mit den dortigen Mitarbeitern, zu dem auch interessierte Bürger mit ihren Fragen eingeladen waren.
Die Stationsleitung der Klinik Beata S. stammt selbst aus Polen, viele ihrer Kolleginnen kommen ebenfalls aus dem überwiegend osteuropäischen Ausland. Sie wies die immer wieder gehörte Behauptung zurück, die Einrichtungen selbst würden ausländische Kräfte bevorzugen, weil diese billiger arbeiteten. „Das kann sich keine Klinik mehr leisten, und wir schauen da sehr genau hin; die einfache Wahrheit ist, dass es einfach nicht genügend Deutsche gibt, die diesen Beruf ausüben wollen“, stellte die Stationsleitung nüchtern fest. Deshalb verstehe sie auch nicht, warum die deutschen Behörden den Pflegekräften aus dem Ausland solche Steine in den Weg legten, wo sie doch hier gebraucht würden: „Es ist diskriminierend: obwohl wir in den Heimatländern in der EU und außerhalb Pflege studiert haben und hervorragend ausgebildet sind, werden wir wie ungebildete Menschen zweiter Klasse behandelt.“ Trotz Vorlage aller Unterlagen bei der Regierung von Oberbayern als Anerkennungsbehörde dauere es oft noch mehr als ein Jahr bis zur Anerkennungs-urkunde. Erst dann seien sie für den Arbeitgeber voll einsetzbar und könnten auch das volle Gehalt einer examinierten Fachkraft beziehen. Außerdem empfänden sie und ihre Kolleginnen es als Zumutung, dass sie eine Deutschprüfung machen müssten, die vom Schweregrad her teilweise auch Muttersprachler überfordern würde. Die Verständigung mit den Patienten sei in der Praxis gar kein Problem, entscheidend seien Zeit, Empathie und Geduld, die man gerade bei älteren Patienten aufbringen müsste.
Ich weiß gut, was für eine schwere und verantwortungsvolle Arbeit die Pflegekräfte leisten und kann die Problematik mit den Behörden leider nur bestätigen. Ich erhalte kontinuierlich Beschwerden, weil wohl gerade in Bayern - speziell in Oberbayern - Arbeitserlaubnis- und Einreisebestimmungen sowie die Anerkennung ausländischer Abschlüsse mit der größtmöglichen Restriktion bearbeitet werden.
Da frage ich mich schon: Sind wir denn verrückt? Angesichts des Fachkräftemangels in vielen Bereichen, z.B. auch der Gastronomie, fehlt mir dafür jegliches Verständnis und ich hoffe nun stark auf das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz aus Berlin! Ich werde mich sowohl als stellvertretende Landrätin als auch als mögliche Abgeordnete dafür einzusetzen, dass das Gesetz dann auch in Bayern in der Praxis richtig umgesetzt wird.
Über eines waren sich alle einig: pflegerische Berufe müssen mehr Anerkennung finden, um den künftigen Bedarf an Fachkräften abzudecken. Dabei ist die Bezahlung gar nicht das Hauptproblem: offen erläuterten die Pflegekräfte auf Fragen aus dem Publikum, wie viel sie je nach Funktion und Zeitzuschlägen für Wochenend- und Nachtdienste verdienen. Nach den Tariflöhnen kommt eine Fachkraft mit Berufserfahrung danach auf etwa 3.500 Euro Bruttoverdienst, was sich durch Leitungsfunktionen und Zusatzausbildungen noch nach oben steigern lasse. Ich war ehrlich positiv überrascht über diese Verdienstmöglichkeiten. Ich meine, das muss sich mehr herumsprechen! Viele Akademiker verdienen auch nicht mehr und die Löhne in der Industrie sind nicht überall die Spitzenlöhne der Autoindustrie. Pflegeberufe sind also durchaus attraktiv, allerdings fehlt es an der gesellschaftlichen Anerkennung. Genau das war auch der Wunsch der anwesenden Pflegekräfte, wie Beata S. abschließend formulierte: „Wenn Patienten nach Wochen der Rehabilitation auf eigenen Beinen wieder nach Hause können, freuen wir uns über den Erfolg! Dafür arbeiten wir, nicht nur fürs Geld, und wünschen uns für diesen Beruf mehr Wertschätzung.“