Zementwerk, Käserei, Museen: bunte Vielfalt bei der Ortsbegehung in Frasdorf, Samerberg und Rohrdorf

06. August 2018

Mit einer eindrucksvollen Führung durch das Zementwerk Rohrdorf begann meine Ortsbegehung. (für Bilder nach unten scrollen!)

Werkleiter Dr. Benjamin Geller führte unsere Gruppe persönlich durch das Werk. Das Unternehmen legt — trotz stetigen Wachstums — weiterhin Wert darauf, die Orgastrukturen eines mittelständischen Unternehmens beizubehalten und ist stark im Ort verwurzelt. Für die Zukunft ist gesorgt: dank Millionen-Investitionen in den letzten Jahren zählt es heute bei Umwelt und Energieeffizienz zu den führenden Anlagen weltweit. Ein Vorzeigewerk! Probleme kommen allerdings von extern: Bei der Anlieferung von Rohstoffen per Bahn kommt es immer wieder zu Engpässen auf Grund von Personalmangel bei der Bahn. Da die Lagerkapazitäten begrenzt sind, wird das schnell zum Problem! Hier rächt sich, dass der Güterverkehr der Bahn in der Vergangenheit stiefmütterlich behandelt und kaputt gespart wurde. Die Politik muss hier eingreifen, sonst gelingt der vielbeschworene Umstieg auf die Schiene nicht!

Vom Zement zur Kunst: Das „Museumsnetzwerk Rosenheim“ entstand 2012 und ist ein Projekt der mit EU-Mitteln geförderten LEADER- Aktionsgruppe (LAG) Mangfalltal-Inntal. Zum 100-jährigen Gedenken an das Ende des Ersten Weltkrieges und die nachfolgende Revolution veranstaltet das Museumsnetzwerk Rosenheim von 1. Juli 2018 bis 5. Mai 2019 die Gemeinschaftsausstellung „Heimat 1918“. 14 kulturelle Institutionen, darunter die Museen im Frasdorf und Rohrdorf, stellen in ortstypischen Sequenzen dar, wie sich diese Umbruchsphase zu Beginn des letzten Jahrhunderts in unserer Region vollzog und welche Auswirkungen sie auf das soziale, politische und kulturelle Leben hatte.

Ich nutzte die Gelegenheit zum Besuch des Höhlenmuseums Frasdorf: dort werden die ober- und unterirdischen Erscheinungen des Karstgebietes Laubenstein dargestellt und erläutert. Eine Besonderheit ist der Schädel eines über 11.000 Jahre alten Braunbären, der in einer der Höhlen gefunden wurde. Das Dorfmuseum beleuchtet Szenen aus der Ortsgeschichte, wie Autobahnbau, Lokalbahn, Schloss Wildenwart, Schulgeschichte, Wastl Fanderl und die "Frasdorfer Wassertrinkerin".

Weiter zur Sonderausstellung Zufluchtstätte für den König: Aus Angst vor Übergriffen floh König Ludwig III in der Nacht auf den 8. November 1918 mitsamt Familie und Hofstaat Hals über Kopf aus München. Ziel der Fahrt war Schloss Wildenwart, das sich im Privatbesitz seiner Gemahlin Marie-Therese befand. Aber auch dort fühlte man sich nicht sicher; und so führte die Reise weiter nach Berchtesgaden und von dort aus nach Anif im Salzburger Land. Drei Prinzessinnen wurden derweil in der kleinen Ortschaft Gschwendt in der Nähe von Bernau versteckt. Zehn Tage später kam die Familie wieder in Wildenwart zusammen. Doch der Aufenthalt im Chiemgau war nur von kurzer Dauer: Nach der Ermordung Kurt Eisners verließ Ludwig Bayern erneut; er kehrte im März 1920 aus dem Exil in der Schweiz nach Schloss Wildenwart zurück, wo er den größten Teil seines Lebensabends verbrachte. Eine umfangreiche Sammlung von Texten und Bildern legt im Frasdorfer Dorfmuseum Zeugnis ab von den Geschehnissen rund um das Ende der Herrschaft der Wittelsbacher-Dynastie. Im Anschluss besichtigten wir noch die Ortskirche.

Nächste Station: Samerberg. Die Käserei Lochnerhof in Grainbach lebt von Tourismus, Landwirtschaft und Regionalvermarktung. Höhepunkt ist der selbst hergestellte Käse in der hauseigenen Käserei. Wie immer, wenn ich Direktvermarkter besuche, bekam ich auch hier zu hören: es gibt zu viele bürokratische Hürden! Wenn man diesen Zweig wirklich unterstützen will und nicht nur Lippenbekenntnisse abgibt wie die CSU, dann müssen die Auflagen erleichtert werden, davon bin ich fest überzeugt. Diese Menschen leisten eine wichtige Arbeit und gehören unterstützt statt drangsaliert! Und schuld ist übrigens nicht die EU: es sind überwiegend landesrechtliche Auflagen, die der Freistaat Bayern selbst schafft! Hier besteht großer Handlungsbedarf.

Sehr empfehlen kann ich schließlich den Besuch des Bauernhausmuseums Rohrdorf: untergebracht im sogenannten Achentaler Heimathaus, blickt es mittlerweile auf eine mehr als 25-jährige Geschichte zurück.

Im Rahmen einer Sonderausstellung mit dem Titel „Wortgefechte – Bayerns Literaten zwischen Krieg und Revolution“ zeigt das Bauernhausmuseum Rohrdorf aktuell, welche Rolle bayerische Literaten im Ersten Weltkrieg und der beginnenden Weimarer Republik spielten. Zahlreiche Erstausgaben, Original-Handschriften und Zeitdokumente einer einzigartigen Sammlung des Museumsleiters und SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Simon Hausstetter illustrieren, wie viele bayerische Autoren literarisch Stellung zur politischen Lage bezogen und so auf die Meinungsbildung des Volkes maßgeblichen Einfluss ausübten. Sehr bewegend und beeindruckend gestaltet! Vielen Dank an Simon für die sehr persönliche Führung.

Abends dann vor dem Museum politische Gespräche mit selbstgebackenem Brot und weiteren Köstlichkeiten. Thema war vor allem Verkehr: auch diese Gemeinden, vor allem der Samerberg, kämpfen mit dem mangelnden Angebot an öffentlichem Nahverkehr. Wir besprachen, was der Freistaat Bayern hier tun kann und welche Initiativen es in den Nachbargemeinden bereits gibt. Und natürlich der Brennernordzulauf: in dieser Region gibt es massiven Widerstand gegen die Bahn-Planungen, die Menschen sind sehr beunruhigt, auch was das Vorgehen von Politik und Bahn betrifft. Ich kann das sehr gut verstehen! (Meine Position zum Brennernordzulauf finden Sie hier

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